Zusatzstoffe beim Hobbywursteln

Stellt eure Fragen dazu bitte in den entsprechenden Fachbereichen!
Gesperrt
Jemand

Zusatzstoffe beim Hobbywursteln

Beitragvon Jemand » So 30. Sep 2018, 21:46

Beitrag: # 6694Beitrag Jemand »

Guten Abend,

ich hoffe, ich bin im richtigen Topic. Mich würde mal interessieren wie ihr zu Zusatzstoffen in euren hausgemachten Würsten und Schinken steht. Setzt ihr welche ein? Lehnt ihr sie kategorisch ab? Nutzt ihr fertige Gewürz- und Zusatzstoffpräparate von RAPS, HELA, Hagesüd und co? Warum?

Ich persönlich benutze Zusatzstoffe soweit sie unbedingt nötig sind. NPS und entsprechend Umrötehilfsmittel ist klar, es ist bei laang gereiftem Luftschinken zwar möglich ohne aber alles andere als Erfolgssicher und beim Rest braucht mans halt zum umröten. Bei Brühwürsten setze ich Phosphat ein weil ich sonst einfach keine gute Konsistenz und Saftigkeit hinkriegen wenn nicht gerade einer der extrem seltenen Gelegenheiten zum Warmbrät ist. Starterkulturen und Zuckerpräparate sind formell zwar keine Zusatzstoffe ich versuche sie aber trotzdem so weit es geht zu vermeiden. (Starterkulturen ohne Kombipräparate und Honig statt Zuckermischungen).
Glutamat und Konsorten sind bei mir daheim absolut tabu. Es gibt so viele Möglichkeiten am Geschmack zu tunen, man kann natürliche Glutamatquellen nutzen u.s.w. und zumindest ich will ja ein erkennbar handwerkliches Ergebnis das darf auch ein bisschen "unrund" sein da brauch ich keine Chemokeule die mir den ganzen Geschmack glattmatscht und einen sabbern lässt wie ein Hund.

Erzählt mir doch einfach mal eure Meinung und wie ihr damit umgeht

Simon FUNCK
Benutzeravatar
Jemand
Meister des Rauches
Meister des Rauches
Beiträge: 1500
Registriert: Do 2. Mär 2017, 18:37
Vorname: Uwe
Wohngegend: Cloppenburg
Land: Niedersachsen
Hat den Daumen gehoben: 710 Mal
"Daumen hoch" erhalten: 612 Mal

Re: Zusatzstoffe beim Hobbywursteln

Beitragvon Jemand » So 30. Sep 2018, 22:23

Beitrag: # 6697Beitrag Jemand »

Hallo Simon, ich halte es im Grumde genau wie Du. Mein Ziel ist es, zu Hause mit „einfachen Mitteln“ technologische Spitzenerzeugnisse nach eigenem Gusto zu produzieren. Nitritpökelsalz setze ich der Sicherheit wegen grundsätzlich ein (außer bei wenigen Leberwurstsorten), nehme jedoch bei lang gereiften Rohwürsten und Schnken gern noch 0,3g/kg Salpeter dazu. Die reinen Salpetervarianten sind nicht mein Fall, die Produkte werden sehr schnell ranzig- den Geschmack mag ich nicht so.
Ich persönlich setze für meine Lieblingswurst- sächsische Kümmelknackwurst- neben anderen Gewürzen ein Fertigpräparat von Gewürzmüller ein, das lässt sich einfach nicht nachbauen (Star Fermat perfekt)
Starterkulturen habe ich noch nicht eingesetzt- zumindest keine kommerziellen. Dafür habe ich jedoch erfolgreich Camembertsalami mit einfachem Camembert hergestellt, in dem noch vitale Weißschimmelkulturen vorhanden waren. Funktioniert 100%ig.

Es ist ja auch gerade interessant, eigene Rohgewürzmischungen selbst gemahlen zu verwenden, das macht den Reiz aus. Ich selbst bin sehr sparsam mit Gewürzen, persönlich schätze ich es, wenn dem Fleisch bzw. Reifearoma viel Raum gegeben wird.
Das schöne am Hobby ist es ja, individuelle Produkte herzustellen, die man so nicht zu kaufen bekommt.

Durch die Anregungen der Forenkollegen habe ich jedoch Produktvarianten kennengelernt, die ich bisher nicht kannte und absolut phantastisch schmecken. So bringt der Austausch hier einen großen Mehrwert und bringt auch noch tolle persönliche Begegnungen.
Viele Grüße aus Cloppenburg
Uwe
:huhu

Das Gegenteil zur Pflicht ist nicht die Pflichtlosigkeit, sondern die Verantwortung.
Hans A. Pestalozzi
Benutzeravatar
Jemand
Räucherlehrling
Räucherlehrling
Beiträge: 85
Registriert: Di 9. Jan 2018, 10:41
Vorname: Jürgen
Wohngegend: Oberbayern
Land: Deutschland
Hat den Daumen gehoben: 99 Mal
"Daumen hoch" erhalten: 10 Mal

Re: Zusatzstoffe beim Hobbywursteln

Beitragvon Jemand » So 30. Sep 2018, 23:39

Beitrag: # 6699Beitrag Jemand »

Hallo Uwe,
Deine Bemerkung , dass Du meist Salpeter und Nitritpökelsalz zusammen einsetzt, interessiert mich sehr. Ich habe bis jetzt bei meiner Salami immer nur 0,5 g Salpeter und 30 g Salz eingesetzt. Eigentlich habe ich ranzigen Geschmack bis jetzt noch nicht erlebt, aber was noch nicht ist kann ja noch werden, außerdem bin ich immer sehr daran interessiert meine Rezepturen zu optimieren. Wieviel Nitritpökelsalt (Parmasale) würdest Du zusätzlich zu 0,3 g/kg Salpeter empfehlen?
Gruß Jürgen
Benutzeravatar
Jemand
Meister des Rauches
Meister des Rauches
Beiträge: 1500
Registriert: Do 2. Mär 2017, 18:37
Vorname: Uwe
Wohngegend: Cloppenburg
Land: Niedersachsen
Hat den Daumen gehoben: 710 Mal
"Daumen hoch" erhalten: 612 Mal

Re: Zusatzstoffe beim Hobbywursteln

Beitragvon Jemand » Mo 1. Okt 2018, 07:31

Beitrag: # 6701Beitrag Jemand »

Hallo Jürgen, danke für Deine Nachfrage. Deine Vorgehensweise funktioniert, keine Frage. Vor 100 Jahren hatte man noch kein NPS, so dass 0,6g Salpeter zusätzlich zum Salz die Standard- Pökelvariante war.

Diese Kombination hatte für die damaligen Metzger auch Nachteile, so dass durch die Einführung des Nitritpökelsalz eine deutlich sichere Produktion möglich war.

Ich setze die Kombi NPS/Salpeter nur bei Produkten ein, die länger als 4 Wochen reifen, damit sich der Salpeter auch abbauen kann. Parmasale nutze ich ausschließlich für Schinken, bei Wurst sehe ich keine Vorteile.

Viele traditionelle Produkte, wie die hessische „Stracke“ oder Ahle Wurst werden heute noch mit Kochsalz und Salpeter hergestellt und bekommen dadurch ihren besonderen Geschmack.

Räuchern schützt vor schneller Ranzigkeit, ebenso gewisse Gewürze, allen voran Paprika. Die Kombi NPS/Salpeter bei lang gereiften Produkten bewirkt eine sehr stabile Farbe und gibt einen etwas anderen Geschmack, als wenn ausschließlich NPS eingesetzt wird.
Viele Grüße aus Cloppenburg
Uwe
:huhu

Das Gegenteil zur Pflicht ist nicht die Pflichtlosigkeit, sondern die Verantwortung.
Hans A. Pestalozzi
Benutzeravatar
Jemand
Site Admin
Beiträge: 1869
Registriert: Do 27. Jul 2017, 18:01
Vorname: Marko
Wohngegend: Eichsfeld
Land: Deutschland
Hat den Daumen gehoben: 1481 Mal
"Daumen hoch" erhalten: 1350 Mal

Re: Zusatzstoffe beim Hobbywursteln

Beitragvon Jemand » Di 2. Okt 2018, 22:13

Beitrag: # 6722Beitrag Jemand »

Hallo Zusammen,

gern möchte ich mich hier auch zu diesem Thema mit einbringen. Zur eingehenden Frage von Simon - natürlich ist das erklärte Ziel die Anzahl der E‘s auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren, bzw. auf eine vernünftiges Level um Fehlchargen zu vermeiden.Bzgl. Starterkulturen und Edelschimmel verwende ich gern und bisher ohne Probleme die Produkte von Chr.Hansen, als Starter Bactoferm T-RM-53 und beim E-Schimmel Mold 600.
Als gebürtiger Eichsfelder, der mit der klassischen Hausschlachtung im ursprünglichen Sinn groß geworden ist habe ich ein unvoreingenommes Verhältniss zu Salpeter. Vorab sei gesagt - ich möchte hier niemandem missionieren oder animieren - Salpeter hat Vorteile und Nachteile. Für Rohwurst mit entsprechender Reifezeit - hier lokal bei der Hausschlachtung mit tradioneller Warmverarbeitung ist Salpeter nach wie vor das erste Mittel der Wahl und NPS kommt nicht zum Einsatz. Die hier für Runde, Stracke, Feldkieker ect. verwendete Menge Salz liegt schlicht unter der vertretbaren Menge die einen Einsatz von NPS sinnvoll machen würde - da bei je nach Kalibern und Kälberblasen ect. eh von Reifezeiten von 6-8 Wochen bis teilweise zu einem Jahr ausgegangen wird ist das auch kein Problem.
Persönlich verwende ich auch für Schinken, welche luftgetrocknet werden sollen eine Prise Salpeter.

VG
Marko
LG Marko
:RT22Fr

Des Schweines Ende ist der Wurst Anfang - Wilhelm Busch

smoke ‘em if you got ‘em 🐖🐄🐓
Benutzeravatar
Jemand
Räuchergeselle
Räuchergeselle
Beiträge: 286
Registriert: Do 7. Dez 2017, 19:17
Vorname: Tamás
Wohngegend: Dresden
Land: Sachsen
Hat den Daumen gehoben: 115 Mal
"Daumen hoch" erhalten: 96 Mal

Re: Zusatzstoffe beim Hobbywursteln

Beitragvon Jemand » Mi 3. Okt 2018, 10:07

Beitrag: # 6729Beitrag Jemand »

Ich fasse mich kurz, so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. So handhabe ich es. Muss aber jeder für sich selbst entscheiden, nicht wenige, so auch in unserem Forum, leiden unter Unverträglichkeit und Allergien. Die Auslöser sind dabei in wenigsten Fällen
die berüchtigte "E" Nr.
Liebe Grüsse aus Dresden
Tamás
Benutzeravatar
Jemand
Meister des Rauches
Meister des Rauches
Beiträge: 1055
Registriert: Mo 17. Jul 2017, 18:08
Vorname: Micha
Wohngegend: Dortmund
Land: Deutschland
Hat den Daumen gehoben: 113 Mal
"Daumen hoch" erhalten: 299 Mal

Re: Zusatzstoffe beim Hobbywursteln

Beitragvon Jemand » Do 4. Okt 2018, 11:08

Beitrag: # 6756Beitrag Jemand »

Da bring ich mich doch auch mal schnell noch mit ein...

Mein Ansatz war schon immer "Bio"-Schinken und "Bio"-Wurst zu produzieren. Bio in meinem Sinn versteht sich und auf keinen Fall nach Industrienorm und mit künstlichen "naturidentischen" Zusatzstoffen. Auch nicht mit fertigen Gewürzmischungen, erst recht nicht wenn sie mit Zusatzstoffen angereichert sind, die normalerweise nicht darin enthalten sein müssen!

Angefangen hat alles mit der Schinkenherstellung. Ich habe dabei auch das Risiko von Fehlproduktionen in Kauf genommen und 2 - 3 Jahre ohne Pökelsalz "gearbeitet", das geht ohne Weiteres und ohne Risiko für die Gesundheit, lediglich die Optik der Produkte leidet.
Wichtig ist für mich zu verstehen Warum, Was und Wodurch geschieht, die Basic`s also. Dazu kommt das ich sehr gerne mit Kräutern, Gewürzen und natürlichen Zusatzstoffen wie z. B. Imkerhonig und Knoblauch arbeite. Nicht nur bei der Schinken- und Wurstherstellung, sondern grundsätzlich auch beim Kochen.

Ich will die Gewinnmaximierungdoktrin der kommerziellen Branche nicht nachäffen, dafür ist mir die Natürlichkeit meiner Erzeugnisse viel zu wichtig.

Um meine Würste und Schinken so lecker, haltbar und sicher wie möglich herzustellen, nutze ich natürliche Zusätze und davon hat die Natur reichlich!

Z. B. Thema Starterkulturen: Da hab ich mal den Tipp von einem alten Forumsmitglied der grauen Vorzeit bekommen, er nutzte einfach Naturjoghurt (1 TL/kg) und genau so halte ich das ebenfalls wenn ich welche brauche.
Kräuter/Gewürze: Sehr gerne frisch und getrocknet aus dem eigenen Garten, Knoblauch z. B. wirkt antibakteriell, antmykotisch und antioxidativ. Die Wirkungsweisen der vielen Kräuter hier aufzuzählen würde zu umfangreich, aber die meisten haben Wirkungen auf Fleischerzeugnisse die über die Geschmacksoptimierung deutlich hinaus gehen.
Salz: Am liebsten reines Steinsalz. Bei Meersalz ist mir die Verklappung der Weltmeere zu "nachhaltig"...
Zucker: Da verwende ich gerne Honig (von Hobbyimkern, teurer aber mit all seiner gesunden Kraft) da er zusätzlich gering antibakteriell und konservierend wirkt, natürlich auch wegen dem besseren Aroma.

Nein, ich halte das nicht wegen Unverträglichkeiten und Allergien so, sondern wegen der Natürlichkeit und dem unverfälschtem Geschmack und weil ich der Meinung bin das wir ohnehin schon viel zu viel "naturidentische" Verunreinigungen zu uns nehmen, deren Auswirkung auf unsere Gesundheit nur in Langzeitstudien nachgewiesen werden könnten, wenn es denn jemand wollen würde...

Ansonsten sehe ich das wie mein Vorschreiber: Das ist ein Thema das jeder für sich entscheiden muss!
Liebe Grüße,
der Micha
- dienstältester “Räuchertreffer“ -

(Wer von sich behauptet normal zu sein, kann nicht normal sein!)
Gesperrt

Zurück zu „Grundlagen (nicht nur) zur Schinken und Wurstherstellung“